Zurück zum ersten Teil

Anastasia, die gestiefelte Katze, schlendert nach einiger Zeit Dorothea und Schneewittchen nach. Schneewittchen hatte ja eine deutliche Tropfenspur hinterlassen. Anastasia findet den Geschmack der Tropfen recht anregend. Sie folgt der Spur und leckt hier und da die Tropfen vom Fußboden. Sie kommt am Audienzzimmer an und lauscht an der Tür. Sie kann hören, wie Schneewittchen dem Königspaar ihre Geschichte erzählt und zum Ende kommt.

„Ich danke euch für eure Ausführungen, Prinzessin Schneewittchen, aber ich sehe noch nicht, daß diese Malefitz vom Feenstein die dreizehnte Hexe des Zirkel der Dreizehn sein soll. Was bringt euch auf diese Vermutung?“, fragt Harald.

„Es muß so sein, denn es sind zu viele Zufälle und Übereinstimmungen, als das Malefitz eine normale Hexe, geschweige denn eine normale Frau sein kann. Die Berichte aus ihrer Zeit, das Verhalten der Dreizehnten damals, der Hexenkrieg, die aktuellen Berichte und das Streben nach Macht und Einfluß Malefitz heute legen diesen Verdacht nahe, das es ein und dieselbe Person sein muß“, erklärte Schneewittchen.

„Tut mir leid, aber für mich sind das alles Vermutungen und leider keine Beweise. Wir brauchen was Handfestes und nur dann können wir Maßnahmen ergreifen, wobei wir noch überlegen müssen, welchen das sein werden“, gibt Harald zu bedenken.

Jetzt macht sich Anastasia an der Tür bemerkbar, indem sie miaut und an der Tür kratzt. Dorothea schreitet sich zur Tür und öffnet ihr. König Harald schaut Dorothea irritiert an.

„Vater, darf ich vorstellen, Anastasia, die gestiefelte Katze. Ich schätze, sie hat noch etwas zu der ganzen Geschichte beizutragen, richtig?“, stellt sie Dorothea vor.

Anastasia macht einen formvollendeten Diener und fügt hinzu: „Eure Majestäten, ich grüße euch und ja, das ist richtig. Ich habe den Ausführungen der Prinzessin Schneewittchen noch einige Informationen hinzuzufügen, die sie allerdings nicht wissen konnte.“

„Seid gegrüßt, Anastasia. Welche Informationen könnt ihr uns noch geben? Bitte erklärt euch entsprechend“, fordert sie Harald auf und lehnt sich wieder zurück.

„Sehr gerne, eure Majestäten. Laßt mich voranstellen, das ich Agentin des Katzanischen Geheimdienstes bin und wir die Aktivitäten des Zirkels der Dreizehn schon seit gut hundert Jahren verfolgen. Also seit dem Hexenkrieg. Ich muß also etwas ausholen und mit den Informationen aus dem Archiv beginnen. Laut unserer Informationen passierte damals folgendes…“

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Nach dem Eklat auf Prinzessin Dorotheas Taufe und dem Ausrufen des Fluches gegen das Kind und das Königreiches durch die dreizehnte Hexe des Zirkels der Dreizehn verkrachte sich der gesamte Zirkel. Die Hexen eins bis zwölf verbündeten sich gegen die dreizehnte, welche allerdings die Mächtigste von ihnen allen war. Die direkte Auseinandersetzung der Hexen zerstörte das Refugium der Hexen fast vollständig. Die dreizehnte hielt sich hartnäckig und konnte die Angriffe der anderen Zwölf nicht nur abwehren, sondern sogar gegen sie verwenden, so daß neun von den Zwölfen vernichtet wurden. Die drei letzten Hexen flüchteten und tauchten unter. Auch die dreizehnte Hexe suchte sich ob der Zerstörungen des Refugiums eine neue Bleibe. Von den Hexen war in den folgenden Jahrzehnten nichts mehr zu sehen oder zu hören, so daß sie in Vergessenheit gerieten.

Wie Schneewittchen berichtete, hatten es die Agenten ihres Vaters geschafft, zumindest die die drei überlebenden Hexen aufzuspüren. Die dreizehnte Hexe ist nach unseren Informationen durch die Welt gereist und hat ihre arkanen Fähigkeiten perfektioniert, sowie noch einiges Neues dazu gelernt. Zu diesen perfektionierten Fähigkeiten gehört auch die Fertigkeit, die Alterung aufzuhalten und zu verschleiern. Es ist ihr sogar möglich, in einem gewissen Rahmen ihre Gestalt zu verändern.

Bei meinen Infiltrationen des Schloßes von König Roland war es mir möglich, auch die Räumlichkeiten der neuen Königin Malefitz vom Feenstein auszuspionieren. Der vordere Teil der Gemächer sieht aus wie ein Salon, der mit Möbeln eingerichtet wurde, die scheinbar von einer Weltreise stammen. So weit so unauffällig. Der hintere Teil ihrer Gemächer, zu dem niemand aus dem Schloß Zutritt hat, ist ein reinrassiges Hexenlabor mit allen Schikanen. Unter Aufbietung all meiner Fertigkeiten, im Schatten und ungesehen zu bleiben, habe ich mich darin umgesehen. Als schwarze Katze falle ich darin nicht sonderlich auf.

Neben dem komplett ausgestatteten Alchemielabor fand ich dort auch einen arkanen Altar, auf dem Gegenstände verzaubert und entzaubert werden, einen großen Drudenfuß für Beschwörungen nebst Bannkreise auf dem Boden und was mich am meisten interessiert hatte, einen großen, reich mit arkanen Formeln verzierten, scheinbar magischen Spiegel. Ich habe mich vollen drei Tage in den Gemächern versteckt gehalten und dann heraus gefunden, wofür Malefitz den Spiegel benutzt.

Malefitz ist ausgesprochen narzisstisch und nutzt diesen Spiegel regelmäßig, um sich ihrer Schönheit zu versichern, die auf dem Aussaugen von der Lebensenergie anderer basiert. Der Spiegel kann aber noch mehr. Er zeigt Malefitz auch das, was sie zu finden gedenkt. Auf diese Art und Weise hat sie auch Schneewittchen bei den Zwergen gefunden. Diese Schloß scheint vor dem Spiegel sicher zu sein, weil schon ein arkaner Fluch darauf liegt.

Wie komme ich jetzt darauf, das Malefitz und die dreizehnte Hexe ein und dieselbe Person sind? Ganz einfach. Während ich dort in den Gemächern ausharrte, sah ich, das Malefitz in Wahrheit ein steinaltes Weib ist. Ihre Erscheinung als Königin beruht auf Zauberei und Illusion. Einige alte Dokumente in ihren Büchern beweisen das. Malefitz bereiste die ganze Welt, sammelte ihre Kräfte und neue Fertigkeiten, scharte eine ihr treu ergebene Dienerschaft um sich und reißt sich jetzt zur Krönung des ganzen, das Reich von König Roland unter den Nagel.

Wie Schneewittchen berichtete, ist König Roland von ihr besessen und er hat sie vom Fleck weg geheiratet. Wenn Schneewittchen als einzige legitime Thronerbin aus dem Weg ist, hat sie gewonnen. Danach wird sie wahrscheinlich Jagd auf die drei verbliebenen Hexen machen und ihre Macht weiter ausbauen. Das gilt es zu verhindern, denn sie wird vor nichts mehr halt machen.

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Anastasia beendet ihren Bericht und alle Anwesenden scheinen überzeugt. Harald ergreift das Wort.

„Meine Lieben, die Lage ist noch ernster als befürchtet. Anastasia, euer Bericht läßt mich erschauern und ich möchte eigentlich daran zweifeln. Aber leider haben meine Frau und ich dieses Biest als genau das kennengelernt, was ihr uns beschrieben habt. Ich fürchte, ohne arkane Hilfe sind wir aufgeschmissen. Leider haben wir keine Ahnung, wo sich die beiden letzten Hexen befinden, wenn sie nicht mehr in ihrem alten Refugium sind. Mir gehen die Ideen aus, den wir können das Schloß nicht verlassen, solange der Fluch noch wirkt. Schneewittchen kann das Schloß nicht verlassen, weil sie dann sofort für Malefitz erreichbar wird. Vorschläge?“

Alle Anwesenden schweigen. Auch ihnen fällt nichts Sinnvolles ein, wie und wo die letzten Hexen zu finden sind.

„Wir werden uns auch nochmal mit den Jungs beraten. Vielleicht fällt denen ja noch was Gutes ein“, meint Dorothea und zuckt mit den Schultern.

„Machen sie das, meine Damen. Ich werde in der Zwischenzeit mal ein wenig in ein paar alten Unterlagen forschen, ob es dort noch Hinweise gibt. Bis dahin erkläre ich diese Audienz erst einmal für beendet. Ich danke ihnen allen und bis später“, schließt Harald. Schwer ausatmend erhebt sich Harald von seinem Sessel hinter dem Tisch und geht zur Tür. Dorothea, Schneewittchen und Anastasia verbeugen sich, als er vorbeigeht und den Raum verläßt. Als die Tür wieder ins Schloß fällt, ergreift Mathilde das Wort.

„So, Mädels, ihr habt den König gehört. Laßt uns zu euren Jungs gehen. Mal sehen, ob wir ihnen nicht das eine oder andere nicht nur aus den Rippen kitzeln können“, lächelt sie schelmisch.

„Mutter!“, ereifert sich Dorothea gespielt, „Du hast jetzt nicht wirklich vor, was ich denke, oder?“,

„Doch, habe ich, mein Kind“, grient Mathilde ihrer Tochter ins Gesicht. „Aber vorher haben wir drei“, sie zeigt dabei auf Schneewittchen und Anastasia, „noch etwas vorzubereiten. Ich habe nämlich eine Idee. Kommt mal mit. Dorothea, wir brauchen noch Federkiel und Tinte und etwas leichtes Papier sowie eine Hülse mit Band. Du findest uns dann unten im Hof, Schatz.“

„Ja, Mutter, kein Problem, bis gleich“, antwortet Dorothea.

Mathilde drängt Schneewittchen und Anastasia aus dem Raum und geht mit ihnen nach unten in den Hof. Die beiden haben noch keine Vorstellung, was Mathilde eigentlich vor hat. Beim Hühnerhaus angekommen ruft Mathilde Florian, den Hahn heraus. Dieser erscheint sofort und macht einen Diener mit gespreizten Flügeln.

„OK, meine Lieben. Ihr beiden habt mich auf eine Idee gebracht, wie wir an die Information kommen können, wo die beiden letzten Hexen sind. Der Agent deines Vaters wird nicht mehr am Leben sein, richtig, Schneewittchen?“, erklärt Mathilde.

„Das weiß ich leider nicht. Wenn er noch lebt, ist er ein alter Mann und nicht mehr aktiv“, sagt Schneewittchen schulterzuckend.

„Das habe ich mir gedacht. Hier kommst Du ins Spiel, Anastasia. Als Geheimagentin sollte es Dir möglich sein, das in Erfahrung zu bringen. Sollte der Alte noch leben, kann Schneewittchen als legitime Thronerbin ihm den Befehl erteilen, uns die nötigen Informationen preis zu geben. Dazu wirst Du eine entsprechende Order aufschreiben, die Anastasia legitimiert und sie ihm vorlegen kann. Florian wird Dir als fliegender Bote und Sekretär dabei helfen. Ich halte diese Variante für weniger gefährlich, als König Roland irgendwie das Geheimnis abzujagen, ohne das Malefitz was davon mit bekommt. Ein Hahn auf dem Dach und eine streunende Katze fallen nicht weiter auf“, führt Mathilde aus.

Die drei nicken zustimmend. Nun kommt auch Dorothea mit den Schreibutensilien und den Hülsen dazu: „Aha, wie ich sehe, hattest Du schon eine gute Idee, Mutter?“

„Die habe ich. Und nun Schneewittchen, mein Schatz, schreibe eine entsprechende Order an den Agenten für unsere beiden eigenen Agenten“, sagte Mathilde.

Schneewittchen macht sich sogleich daran zu schreiben. Mathilde schaut ihr dabei zu und korrigiert ein paar Kleinigkeiten, da sie so etwas schon öfter gemacht hatte, dann faltet sie das Blatt so lange, bis es in die Hülse paßt. Diese bekommt Florian ans Bein gebunden. Die drei Frauen verabschieden die beiden ‚Agenten‘, die sich umgehend auf den Weg machen und dann wendet sich Mathilde an die beiden Mädels.

„So ihr Zwei. Das wäre erledigt, mein Gatte ist beschäftigt, nun ist es Zeit für ein bisschen Spaß mit den Jungs, findet ihr nicht“, grinst Mathilde frech.

Dorothea schüttelt nur lächelnd ihren Kopf, da sie die Unersättlichkeit ihrer Mutter genau kennt, während Schneewittchens schneeweißes Gesicht errötet. Die Drei machen sich auf den Weg ins Zimmer der ‚Jungs‘.

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Florian flattert über die Mauern des Schloßes hinweg in den dichten Wald, der das Schloß wie eine weitere ungleich dickere Mauer umgibt. Anastasia folgt ihm mit kühnen Sätzen und Sprüngen von der Schloßmauer in die Baumwipfel. Relativ flott arbeiten sich die beiden durch das grüne Dach des Waldes, das kaum Licht auf den Boden läßt, bis sie endlich den Rand erreichen und sich Richtung Stadt von König Roland orientieren können.

Anastasia überlegt, wie sie Kontakt zu ihrer Organisation des Katzengeheimdienstes aufnehmen könnte, aber hier draußen in der Wildnis sind die Möglichkeiten sehr begrenzt. Erst als sie an den ersten Ausläufern der Stadt ankommen in dem auch das Schloß König Rolands steht und nun Malefitz vom Feenstein reagiert, findet sie eine Möglichkeit. Die beiden erkennen schon die ersten Auswüchse von Malefitz Tyrannei: Schwerbewaffnete Patrouillieren marschieren zur Zeit nur durch die Hauptstraßen und schikanieren die Leute mit Verdächtigungen. Steckbriefe hängen zuhauf aus, teilweise für lächerliche Vergehen, wobei einer Anastasias besonderes Interesse weckt.

Dort steht: GESUCHT wegen gefährlicher Umtriebe, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Geheimnisverrat, Volksverhetzung und Majestätsbeleidigung. Belohnung: 500 Goldstücke nur lebendig.

„Klingt nach einem guten Mann, wenn Du mich fragst. Ob der uns was erzählen kann?“, fragt Florian.

„Einen Versuch ist es wert. Die Frage ist nur, wo finden wir ihn?“, antwortet Anastasia.

„Wo würdest Du Dich verstecken, wenn die Staatsgewalt hinter dir her ist, du hier aber noch zu tun hast, Anastasia?“, will Florian wissen.

„Da, wo mich niemand vermutet und ich den größten Schaden anrichten kann, wenn ich das vor hätte wie der hier“, sagt sie, „mit verändertem Aussehen beim Palast.“

„Wäre das nicht ziemlich verwegen?“, entgegnet Florian.

„Das ist es und mal im Ernst, würdest Du als Häscher darauf kommen, das der Gesuchte sich quasi direkt unter deiner Nase befindet? Wahrscheinlich nicht. Denn diese Wächterfiguren sehen zwar alle ziemlich brutal und niederträchtig, aber nicht sonderlich intelligent aus. Malefitz wird wahrscheinlich auch bei den Wachen aufgeräumt haben und sie gegen diese Pappnasen ersetzt haben. Denn je blöder diese Typen sind, desto weniger hinterfragen sie Befehle, wie ich selbst feststellen mußte. Schauen wir uns doch mal die Zeichnung von dem Gesuchten an, was fällt Dir auf?“, erklärt Anastasia.

„Der sieht eigentlich ganz gepflegt und harmlos aus. Rasiert, keine Narben, alle Zähne im Maul, eigentlich nicht wie jemand, der rumpöbelt und sich mit den Wachen prügelt…“, sinniert Florian.

„Genau und jetzt stell Dir vor, genau so jemand verändert sein Aussehen dahin gehend, das er so aussieht wie diese Klappspaten von Wachen selbst, meinst Du die würden den wieder erkennen?“, gibt Anastasia zu bedenken.

„Ich schätze nicht, aber ich bin nicht in dem Geschäft“, grinst er.

„Dann schauen wir uns doch mal ganz unauffällig beim Palast um“, schließt sie.

Anastasia nimmt den Steckbrief vom Pfahl und die beiden verschwinden über die Dächer Richtung Palast. Sie verschaffen sich einen Überblick über die Gebäude und finden bei einem Kaufmannshaus mit vielen Türmchen den passenden Ausguck über die Gärten des Schloßes und einen Teil des Hofes. Florian stellt sich als Wetterhahn auf die Turmspitze und hält Ausschau, während Anastasia ihre scharfen Augen von einer Fensterbank etwas tiefer kreisen läßt.

Eine ganze Zeit lang passiert nichts und auch niemand der Leute, die durch die Schloßgärten laufen, erregen das Interesse der beiden. Dann aber fällt Anastasia ein abgerissener, humpelnder Gärtner mit wilden Gestrüpp im Gesicht auf.

„Ich habe unseren Mann, Florian“, zischt sie zu dem Hahn auf dem Dach herauf.

„Wen meinst Du?“, fragt Florian.

„Siehst Du diesen abenteuerlichen Gärtner dort bei den Rosen? Das ist kein Gärtner!“

„Wie kommst Du darauf?“

„Hast Du schon mal einen Gärtner gesehen, der die Rosenblätter von den Rosenstöcken zupft anstatt das Unkraut dazwischen? Ich nicht. Ich wette, das ist unser Mann. Los, wir verfolgen ihn und passen eine günstige Gelegenheit ab, mit ihm zu sprechen“, erklärt Anastasia, während sie über das Dach schleicht. Florian folgt ihr nach der Erklärung mit etwas Abstand.

Die beiden beobachten den Gärtner weiter, bis er gegen Abend mit ins Gesicht gezogenem Hut aus dem Schloßgarten humpelt und in der Nähe in einer baufälligen Hütte verschwindet.

„Du bleibst auf dem Dach und paßt auf, das keiner weiter kommt. Ich knöpfe mir den Kollegen mal vor“, flüstert Anastasia zu Florian. Der nickt und zieht sich auf den First zurück. In der Hütte flackert nur eine Kerze, wie Anastasia durch einen Spalt in der löchrigen Wand sehen kann. Sie sieht auch, wie der Gärtner aus seinen Stiefeln steigt, ein paar Steinchen in eine kleine Schüssel kippt und die Stiefel wieder anzieht. Nun humpelt er plötzlich nicht mehr. Seinen großen Hut hängt er neben die Eingangstür, den verschlissenen, dreckigen Mantel daneben. Aus einer großen Karaffe schüttet er sich Wasser in eine größere Schüssel, dann wäscht er sich den Schmutz aus dem Gesicht. Schon nach kurzer Zeit sieht der Gärtner wie ein anderer Mensch aus. Trotz des nassen Bartes erkennt Anastasia den Mann vom Steckbrief.

Vorsichtig zwängt sie sich durch einen Spalt zwischen zwei losen Brettern der Wand. Zeit, sich vorzustellen, denkt sie sich. Als der Mann sein Gesicht aus dem Stoffhandtuch nimmt, mit dem er sich gerade das Gesicht und den Bart trocknete, sieht er eine schwarze, gestiefelte Katze auf seinem Tisch sitzen und ihn schief ansehen.

„Was zum…“, entfährt es ihm.

„Einen wunderschönen Abend. Ich denke mal, ich habe den hier vor mir?“, sagt sie freundlich, während sie den Steckbrief auf dem Tisch entrollt.

„Wie…“, stammelt der Mann.

„Einfache Beobachtung. Aber ich habe nicht vor, sie an die Schergen von Malefitz auszuliefern. Im Gegenteil. Ich suche jemanden, der mir ein paar Informationen geben kann, denn ich suche jemanden bestimmtes“, sagt sie bestimmt.

„Ich verstehe immer noch nicht…“, sagt der Mann immer noch unsicher. „Wer zum Teufel bist Du?“

„Oh, Verzeihung, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Anastasia, Geheimdienst von Katzanien. Diesem Steckbrief entnehme ich, das sie mit der aktuellen Regentschaft nicht einverstanden sind, was nicht verwunderlich ist. Das ist niemand und rechtmäßig ist sie auch nicht“, antwortet Anastasia.

„Angenehm, und ja, ich bin der von dem Steckbrief. Wie kommt es, das ich von einem Geheimdienst von Katzanien noch nie was gehörte habe, obwohl ich aus der gleichen Branche komme, dem hiesigen Geheimdienst“, sagt der Mann, nun etwas selbstsicherer.

„Wir wären wohl kaum geheim, wenn uns jeder kennen würde, oder? Aber wenn sie vom hiesigen Geheimdienst sind, trifft sich das noch besser. Ich suche nämlich einen alten Agenten eures Dienstes. Ich habe eine Order von der rechtmäßigen Thronfolgerin für ihn, mir Informationen zu geben. Darf ich fragen, wie lange sie dem Geheimdienst angehörten?“, will Anastasia wissen.

„Was zum Teufel? Du hast eine Order von Schneewittchen, der einzigen Tochter von König Roland, die angeblich im Wald umgekommen sein soll? Den Schmu habe ich nie geglaubt! Wie geht es ihr? Ist sie in Sicherheit? Nein ich will gar nicht wissen wo sie ist. Wenn das bekannt wird, kann der verdammte Spiegel von Malefitz sie aufspüren! Was willst Du wissen?“, ereifert sich der Mann.

„Ich suche den Agenten, der damals für König Harald die Reste des Zirkels der Dreizehn aufgespürt hatte. Ich muß wissen, wo die restlichen Hexen sind und mit ihnen sprechen. Malefitz muß ausgeschaltet werden und nur sie wissen, wie das möglich ist“, antwortet Anastasia.

„Das wird schwierig, denn Malefitz war schneller wie ihr. Sie hat den Alten erst in ihre Gewalt und dann zum Schweigen gebracht. Alle sechs Agenten, die sich damals auf die Suche nach dem Zirkel gemacht hatten sind tot. Drei fanden gar nichts und wurden von ihr vorsorglich hier kalt gestellt, zwei hatte sie damals in die Finger bekommen, weshalb sie hier her kam, als sie von ihnen erfuhr, jemand sucht die Hexen. Den letzten hatte sie erst hier vor kurzem erwischt, nachdem sie alles nötige aus dem König heraus kitzelte“, berichtet der Mann.

„Verflucht, dann ist es aus. Wenn ich die Informationen aus dem König holen muß, dann bekommt sie es mit. Könnte er vorher jemand eingeweiht haben?“, fragt Anastasia.

„Nicht das ich wüßte, aber er könnte eine Art Versicherung hinterlassen haben. Die suche ich nämlich auch, denn wie Du schon sagtest, nur die Hexen von damals können vielleicht was gegen Malefitz ausrichten. Deshalb wurde ich auch gefeuert und kalt gestellt. Ich habe versucht, als Gärtner in den Palast zu kommen, aber ich fand keine Chance an die Archive zu kommen“, sagt der Mann.

„Wieso sollte auch ein Gärtner in den Palast gehen, vor allem, wenn er so aussieht“, wundert sich Anastasia.

„Weil die sogenannten Archive sich nicht im, sondern AM Palast befinden. Bis dato habe ich aber keine konkreten Hinweise gefunden. Alles, was ich weiß, ist, ich soll schauen, wo sich die Rosen kreuzen, aber in den Rosengärten ist nichts zu finden“, erklärt der Mann.

„Wo sich ‚die Rosen kreuzen‘, ist das alles? Das kann alles bedeuten. Und im Rosengarten ist nichts zu finden? Nun gut, ich werde morgen auch mal schauen. Wir sollten uns morgen Abend wieder hier treffen. Guten Abend noch“, sagte Anastasia, dann verschwindet sie unter dem Tisch und zwängt sich wieder durch die Wand, ehe der Mann was tun kann.

Anastasia holt Florian ab, dann verschwinden beide über die Dächer in die Nacht. Anastasia informiert Florian was sie von dem Mann erfahren hat und sagt dann: „Ich glaube, Du solltest zu Schneewittchen zurückkehren und sie fragen, was mit ‚wo sich die Rosen kreuzen‘ gemeint sein könnte. Wir sollten nicht hier unnötig herumlungern und Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Wenn wir wissen, wonach wir suchen müssen, geht alles viel schneller.“

„Alles klar, Du hast recht. Ich mache mich sofort auf den Weg. Kann aber ein bisschen dauern, bis ich wieder hier bin. Wo finde ich Dich wieder?“, fragt Florian.

„Ich werde auf dem Türmchen des Kaufmannshauses auf dem wir zuerst waren, eine Nachricht hinterlassen. Und eventuell auf dem Dach der Hütte unseres Freundes. Aber da wir ihn gefunden haben und er nun weiß, was wir wissen, weiß ich nicht, wie schnell ihm die Wachschergen auf die Pelle rücken. Schlimmstenfalls zieh ein paar Kreise über die Stadt und wir treffen uns vor der Stadt. Ich werde Dich schon finden, vertrau mir“, antwortet Anastasia.

„OK, dann mach ich mich mal auf den Weg. Viel Glück und bis bald“, verabschiedet sich Florian.

„Du auch, mein gefiederter Freund“, winkt ihm Anastasia nach, dann verschwindet sie zwischen den Dächern der Stadt.

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